ARCHIV
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ideologiekritische KURZANALYSE FÜR DIE DEUTSCHE KINEMATHEK
Neu im Suchportal der Deutschen Kinemathek:
Meine Filmanalyse „Fremde Welten, vertraute Bilder: Koloniale Hierarchien in Die Augen der Mumie Mâ (1918)“ und eine neue Synopsis zum Film sind jetzt online!
Im Auftrag der Deutschen Kinemathek habe ich Ernst Lubitschs erstes abendfüllendes Stummfilm-Drama ideologie- und diskriminierungskritisch untersucht. Solche Perspektiven sind essenziell, um Rassismus und andere Diskriminierungsformen im deutschen Filmerbe sichtbar zu machen und eine Archivarbeit zu fördern, die Verantwortung übernimmt – damit Zuschauer*innen stereotype Bilder und Narrative kritisch hinterfragen können.
Einen kleinen Auszug aus Synopsis und Filmanalyse teile ich weiter unten - den vollständigen Text findet ihr im Suchportal der Deutschen Kinemathek: https://sammlungen.deutsche-kinemathek.de/recherche/work/2239
Hinweis: Der Text wird erst angezeigt durch Klicken auf das Feld „Weitere Details“ klicken.
Ein herzliches Dankeschön an die Deutsche Kinemathek, insbesondere an Dr. Elisa Jochum (Leitung der Abteilung Filmerbe) und ihr Team, für die großartige Zusammenarbeit!
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Inhalt
Auf einer Reise ins britisch besetzte Ägypten trifft der Maler Alfred Wendland in der Grabstätte der Königin Mâ auf eine junge Frau, die der Wächter Radu gefangen hält und für seinen Trick der „lebenden“ Mumienaugen missbraucht. Wendland befreit die Frau aus der Gefangenschaft Radus und bringt sie nach Deutschland. Er nennt sie Mâ, verordnet ihr eine europäische Erziehung, macht sie zur Varieté-Attraktion und heiratet sie. Doch Radu folgt ihr heimlich als Diener des Fürsten Hohenfels, und sucht Rache. Ernst Lubitschs erstes Stummfilm-Drama, 1918 von der exportorientierten UFA produziert, steht exemplarisch für das orientalistische Kino seiner Zeit: „Exotische“ Orte und Figuren dienen als Projektionsflächen kolonialer Fantasien über Herrschaft und Begehren. Wendland erscheint als weißer Retter, Mâ wandelt sich vom eingesperrten Opfer zum erotisierten Objekt des westlich-männlichen Blicks, während Radu – in Brownface dargestellt – das Stereotyp des „wilden Anderen“ verkörpert.
Kurzanalyse: "Fremde Welten, vertraute Bilder: Koloniale Hierarchien in Die Augen der Mumie Mâ (1918)"
In seinem ersten abendfüllenden Stummfilm-Drama Die Augen der Mumie Mâ erzählt Ernst Lubitsch die Geschichte des Malers Alfred Wendland (Harry Liedtke), der eine junge Ägypterin (Pola Negri) aus der Gefangenschaft des Grabwächters Radu (Emil Jannings) befreit und sie mit nach Europa nimmt. Dort wird sie unter dem Namen „Mâ“ als orientalische Tänzerin zur Bühnensensation und schließlich zu seiner Ehefrau – bis Radu eine tödliche Rachetragödie entfesselt. Diese Analyse verfolgt eine diskriminierungskritische Perspektive und zeigt, welche ideologischen Botschaften der Film enthält. Sie möchte dazu anregen, die patriarchalen, kolonialen und orientalistischen Narrative und Bilder des Films zu hinterfragen und Raum für eine eigenständige, kritische Lesart zu schaffen. Diese Narrative und Bilder spiegeln sich in den Figuren: Wendland verkörpert den kolonialen „weißen Retter“, Radu das Stereotyp des „wilden Anderen“, und Mâ wird zum sinnlich-erotisierten Objekt europäischer männlicher Begierde.
Produziert von der Ufa, die 1917 als staatlich gefördertes Prestige- und Exportprojekt mit propagandistischem Auftrag gegründet wurde, feierte der Film kurz vor dem Ende des Ersten Weltkriegs, am 3. Oktober 1918, in Berlin Premiere. Nur wenige Monate später endete die deutsche Kolonialherrschaft mit dem Inkrafttreten des Versailler Vertrags im Juni 1919. Abenteuer- und Exotikfilme wie Nahira (1915), Manya, die Türkin (1915) oder Die Perle des Orients (1921) griffen in dieser Zeit kolonial geprägte Fantasien auf und hielten Vorstellungen kultureller und moralischer Überlegenheit auf der Leinwand lebendig. Auch Lubitsch folgt diesem Muster: Er inszeniert deutsche Reisende im britisch besetzten Ägypten als Vertreter*innen eines weißen, privilegierten Europas.
Wenige Jahre später kehrte der jüdisch-deutsche Regisseur diesem Europa den Rücken und setzte seine Karriere in Hollywood erfolgreich fort. (…)
Hinweis: Für die Lektüre des Gesamttextes bitte die Website der Deutschen Kinemathek besuchen. Link: https://sammlungen.deutsche-kinemathek.de/recherche/work/2239
Quellenangabe:
a) Bei Übernahme des Gesamttextes:
Autorin: Canan Turan. Quelle: Deutsche Kinemathek
b) Bei Kürzung oder Veränderung:
Autorin des Originaltextes: Canan Turan. Quelle: Deutsche Kinemathek
MODERATION BEIM KURZFILMFESTIVAL HAMBURG
Das Kurzfilmfestival Hamburg findet dieses Jahr zum 41. Mal statt - und ich bin mit dabei als Moderatorin des Panels “FORUM: MAKING – BEING – VISIBLE” (in englischer Sprache), am 7. Juni um 15 Uhr im Post Playground. Gäste: Hamze Bytyçi (Aktivist, Regisseur & Kurator), Sabine Rollberg (ehemalige Redakteurin u. a. bei WDR / ARTE), Alecio Araci (Filmemacher) und Heleen Gerritsen (Leiterin Deutsche Kinemathek). Aus dem Programmheft des Festivals: „Wenn es um Roma* und Sinti* geht, geht es vor allem um stereotype Bilder und Vorstellungen. Wie ist es möglich, eigene Narrative aus der Community zu etablieren? Wer übernimmt die Care-Arbeit für die Verbreitung der Filme und Geschichten? Wie viel Aktivismus ist nötig, um alte Narrative nachhaltig zu verändern und eine Freiheit für alle zu erreichen? Mit diesem Forum möchten wir einen Raum schaffen, in dem Betroffenheit, Wut und Ungerechtigkeiten offen benannt werden können. Ziel ist es, die Gemeinschaft zu stärken und marginalisierten Gruppen Unterstützung beim Aufzeigen und Überwinden von strukturellen Problemen anzubieten.“
Das Panel ist Teil des von der Landeszentrale für Politische Bildung geförderten Programmpunkts „Archiv der Gegenwart“, das unter anderem zwei Kurzfilmprogramme (Resisting Erasure 1 & 2, 6. Juni, Lichtmess Hamburg) unter der Kuratierung von Lisa Smith (Patrin Films) enthält.
JURYMITGLIED BEIM SEHSÜCHTE FILMFESTIVAL
Im Rahmen des 54. Internationalen Studierendenfilmfestivals Sehsüchte, das vom 23. bis 27. April 2025 in Potsdam stattfand, war ich Teil der Engaged Film Jury. Gemeinsam mit Nina Mbah (Impact Producerin und Mitbegründerin von African Climate Stories), Maja Rubaj (NewMotion), Josefine Bingemer (Beetz Brothers & Weltfilme) und Luna Jordan (Schauspieler*in) durfte ich Filme auszeichnen, die sich auf besondere Weise gesellschaftlich engagiert, politisch bewusst und filmisch eindrucksvoll mit drängenden Themen unserer Zeit auseinandersetzen.
Unsere Preisträger*innen:
Bester Engagierter Film: „Unser Name ist Ausländer“ (Selin Besili | Schweiz | 2024)
Lobende Erwähnung: „3 MWh“ (Marie-Magdalena Kochová | Tschechische Republik | 2024)
Lobende Erwähnung: „Interracial Symphony“ (Maïmouna Diop | Deutschland/Senegal | 2024)
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“How do you reclaim your identity when shame and racism threaten to drown out your voice? This personal documentary offers a poignant answer.
We are invited into the lives of four siblings in Switzerland, their story told through family videos and observational scenes. With artful performative elements, they carve out their space, revealing their vulnerability as Kurdish post-migrants, while their strong family bond, joy, and resilience shine through. Confronted with exclusion, they respond not only with anger, but also with love, laughter, and solidarity – affirming: We are here. We belong.
This film moved us deeply – with its bold storytelling, its lightness, and its seamless flow.
The title draws from Semra Ertan’s poem “Mein Name ist Ausländer,” written in Hamburg in 1981, a year before her self-immolation in protest against racism in Germany. By evoking her powerful words, the documentary places personal memory within the broader context of the migrant experience in Western Europe, offering a radically subjective and subversive perspective.
As anti-migrant politics rise, not only here but around the world, the film’s message becomes all the more urgent – carried by voices that refuse to be silenced.
It is with great pride that we present this year’s Engaged Film Award to Our Name is Foreigner, directed by Selin Besili.
Among many impressive works in the selection, we also recognize two Special Mentions:
3 MWH by Marie‑Magdalena Kochová, for its bold originality, stunning cinematography, and thought-provoking approach to climate awareness – a true conversation starter.
And Interracial Symphony by Maimoona Nele Diop, for its unapologetic use of music, found footage, and home videos – creating a vivid connection between personal and political realities of migration and belonging.
Congratulations to all the filmmakers, and thank you for your inspiring work!“
Die 75. Berlinale lud am 18. Februar 2025 zum Panel „Represent, Represent: Youth Reclaiming the Margins“ ins Festivalzentrum HUB75 am Marlene-Dietrich-Platz ein – und ich war als Moderatorin mit dabei. Gemeinsam mit den Regisseurinnen Lúcia Murat (Hora do recreio) und Maja-Ajmia Yde Zellama (Têtes Brûlées) haben wir über widerständisches Erzählen, Hip-Hop als Form des Protests und kreative Strategien der Selbstermächtigung gesprochen.
In Hora do recreio begleitet Lúcia Murat Schwarze Schüler*innen in Rio de Janeiro, die sich mit Alltagsgewalt, Polizeibrutalität, Rassismus und Sexismus auseinandersetzen – und diesen Erfahrungen mit kritischen Reflexionen, Kreativität und Hip-Hop begegnen. Der Film macht deutlich, wie eine „Pädagogik der Freiheit“ (Paolo Freire) Schüler*innen dazu ermutigen kann, gesellschaftliche Strukturen zu hinterfragen und sich kollektiv zu behaupten.
Maja-Ajmia Yde Zellamas Debüt Têtes Brûlées erzählt die Geschichte der 12-jährigen Eya aus Belgien, die nach dem plötzlichen Tod ihres Bruders Younès Halt bei dessen Freund*innen findet. Zwischen Trauer, Tanz und Gemeinschaft entwickelt sich eine zarte Erzählung über Verlust, Resilienz und Empowerment – ohne dabei Eyas muslimische Identität zu exotisieren oder zu „othern“.
Beide Filme liefen im Generation 14plus-Wettbewerb 2025 und zeigten eindrucksvoll, wie marginalisierte Jugendliche sich mit Kreativität, Haltung und Solidarität ihre Räume zurückerobern.
Hier geht es zum kompletten Generation-Programm 2025, das ich auch mitkuratieren durfte.